27 Mai, 2007

Der Fall: Episode 5

Dort erwartete uns ein Arzt, der glücklicherweise ein wenig deutsch sprach, sehr zurückhaltend - fast cool - war und wahrscheinlich aus dem persischen oder arabischen Kulturkreis stammte. Nennen wir ihn Houdini.

Er, drei Schwestern aus aller Herren Länder und der Hausmeister standen im halbdunklen um mich herum und klopften überall mal. Da nur beim Klopfen aufs linke Bein das Lächeln aus meinem Gesicht schwand (meine Fresse, hätte ich schreien können!), stand fest, dass Hose und Stiefel runter müssen. Ich machte mit den Fingern als Zeichen, dass sie alles aufschneiden sollen, das Schnipp-Schnapp einer Schere nach, was empört zurückgewiesen wurde.

Vier Kletts und zwei Reißverschlüsse offen - und der linke Stiefel saß immer noch bombenfest. Beim Ziehen merkte ich, wie sich die gebrochen Knochenteile voneinander entfernten und machte wieder die hektischen Scheren-Bewegungen. NO!

Drehen ging auch nicht. Der Fuß drehte einfach mit. Also schlüpfte die eine Schwester mit ihrem schmalen Thai-Händchen in den Stiefel und hebelte den Fuß raus.

Man weigerte sich ebenfalls, die Hose aufzuschneiden. Wahrscheinlich war kein Bolzenschneider zur Hand. Mein gutes altes Teil! Hat mich schon 12 Jahre beschützt, besteht aus richtig dickem Mammutleder oder so, war mal schwarz, aber an den Stellen, wo viel Sonne und wenig Lederfett hinkamen, ist sie eher grau. Sie macht mit ihren Protektoren eine breite Hüfte, Knie-Hartschalen aus dem Endurobereich und dicke fette Schienbeinschützer wurden mal nachgerüstet und eingenäht. Das Ding zusammen mit den stabilen großen Daytonas hat mich ganz sicher vor schwereren Gelenkverletzungen an Knie und Fuß bewahrt.

Merkt's euch: Nie ohne Lederhose und Rückenprotektor!

Während ich so in Dankbarkeit an meine hässliche Hose dahinschmolz, war sie auch schon runter.

Jetzt die Fotos. Der ältere Graukittel mit der großen schwarz geränderten Kulleraugenbrille lebte wohl hier unten im Röntgenreich. Also war's doch nicht der Hausmeister. Er schob mich in sein Labor und sagte beim Anecken, Ausrichten, Plattenhinlegen, Keimzellenabdecken und Schalterstellen immer nur "oh, oh!" - sonst kein Wort. Extrem langsame, bedächtige Bewegungen mit auffällig langen Innehaltungssequenzen. Ich glaube, hier darf keiner rein - nur er darf die Apparaturen bedienen, er macht sie auch selbst sauber, wartet sie, und wenn er mal seiner Mutter Blumen bringen muss, bricht sich auch niemand die Knochen.

Zurück im Behandlungsraum sahen sich Houdini und ich die Röntgenaufnahmen an. "Operation!" meinte er. Als Laie hätte ich das auch gesagt. "Wo?" fragte er. Ich. "egal". Er: "ADAC? Dann besser in Deutschland". Na gut.

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